Bestimmung der Redox-Milieuzonierung mit gM-Redox-Milieu-Detektorband (RMD)
RMD ist ein Textilband, das mit wasserunlöslichen Pigmenten beschichtet ist, die sich im natürlichen Grundwasserleiter entweder durch Reduktionsmittel oder durch Oxidationsmittel direkt chemisch und/oder metabolisch durch das mikrobielle Biotop des Grundwasserleiters definiert verändern. Die dazu vorzugsweise eingesetzten Redox-sensitiven mikrobiell konsumierbaren Pigmente sind Eisen(III)oxidhydrat, Mangan(IV)oxid und die Sulfate von Barium und Blei. Die RMD bestehen aus 2 cm breitem synthetischem Gewebe, das mit einem oder mehreren der Redox-sensitiven Pigmente beschichtet ist. RMD kann in beliebiger Länge eingesetzt werden.
Die Untersuchung des Grundwasserleiters geschieht durch Einhängen des RMD in die zu untersuchende Messstelle während einer ausreichenden Reaktionsdauer. Erfahrungsgemäß genügt dazu ein Monat.
Auf dem RMD entwickelt sich während dieser Reaktionsperiode mit den darauf fixierten Pigmenten, die als Oxidationsmittel wirken, ein Farbbild gemäß der am Untersuchungsort herrschenden Redox-Milieu-Zonierung. Diese Zonierung entsteht durch biologische und chemische Reaktion zwischen Oxidationsmitteln und reduzierenden Schadstoffen. Während der Reaktionsperiode kommt es je nach Pigmenttyp auf dem RMD daher auch zur Umwandlung und Auflösung von Pigmenten durch die chemisch und biochemisch gesteuerten Redoxprozesse in der jeweiligen Redox-Zone. Gemäß dem am Untersu-chungsort herrschenden Redox-Milieu bzw. der dort herrschenden Redox-Milieu-Zonierung entwickelt sich auf dem RMD während der Reaktionsperiode ein typisches Farbmuster.
Mit den RMD lassen sich vier Redox-Milieuzonen durch farbliche Abbildung exakt lokalisieren:
1. Aerob bis Mangan(II)-oxidierend
Farbe bei RMD-A: graubraun durch Mn(IV)O2-Pigment.
Farbe bei RMD-C: braun durch Pigmentgemisch aus Mn(IV)O2, Fe(III)OOH und schwerlöslichen Sulfaten.
2. Anaerob – Mangan(IV)-reduzierend bis Eisen(II)-oxidierend
Farbe bei RMD-A: ocker durch FeOOH-Pigment.
Farbe bei RMD-C: ocker durch Pigmentgemisch aus Fe(III)OOH und Sulfaten.
3. Anaerob – Eisen(III)-reduzierend bis Sulfid-oxidierend
Farbe bei RMD-A: gegenüber 2. weiß auf Grund der durchschimmernden Farbe des hellen Pigment-Trägers bei vollkommener Fe(III)OOH-Pigmentauflösung.
Farbe bei RMD-C: weiß durch Sulfate bei vollkommener Fe(III)OOH-Pigmentauflösung.
4. Anaerob – Sulfat-reduzierend bis methanogen
Farbe bei RMD-A: bei rel. hoher H2S-Konzentration grau bis schwarz durch FeS-Pigment. Auf Grund der Oxidationsempfindlichkeit ist das FeS-Pigment an der Luft nur kurzfristig beständig und wandelt sich danach um in Fe(III)OOH-Pigment.
Farbe bei RMD-C: bei niedriger H2S-Konzentration hellbraun bis braun durch Pigmentgemisch aus PbS und Fe(III)OOH; bi rel. hoher H2S-Konzentration schwarz durch Pigmentgemisch aus FeS und PbS.
Abb. 1 Redox-Milieuzonen und RMD-A-Färbung (Bänder feucht, direkt nach Entnahme aus der Messstelle)
Abb. 2 Redox-Milieuzonen und RMD-A-Färbung (Bänder getrocknet)
Abb. 3 Redox-Milieuzonen und RMD-C-Färbung (Bänder feucht, direkt nach Entnahme aus der Messstelle)
Abb. 4 Redox-Milieuzonen und RMD-C-Färbung (Bänder getrocknet)
Die auf den RMD eingesetzten festen Oxidationsmittel-Pigmente entsprechen den im natürlichen Grundwasser-Aquifer vorkommenden Oxidationsmitteln Mangan(IV)-Oxide, Eisen(III)-Oxide und Sulfat, die allesamt von den dort vorkommenden Mikroben veratmet werden können. Weil die Ergebnisse, die mit der RMD-Untersuchungsmethode erhalten werden, unmittelbar die unter dem Regime des mikrobiellen Stoffwechsels im Grundwasserleiter vorkommende Redox-Zonierung widerspiegeln, ist diese neue Methode von besonderer Bedeutung für das NA-Monitoring. Vor allem gilt das für die direkte Abbildung des sulfatreduzierenden bis methanogenen Redox-Milieus 4, die mit anderen bekannten Methoden nicht darstellbar ist.
Die RMD-Methode ist weder zu verwechseln, noch gleichzusetzen mit elektrochemischen Untersuchungsverfahren. Elektrochemische Untersuchungsmethoden zur Redox-Potential-Bestimmung basieren auf Reaktionen an Edelmetall-Elektrodenkatalysatoren. Elektrochemische Messungen haben keinen direkten Bezug zum komplexen ferment-gesteuerten Metabolismus, der von den Mikroben zur Veratmung bzw. Konsumierung der Redox-sensitiven RMD-Pigmente genutzt wird. Die RMD bilden bei ihrem Einsatz somit direkt das Ergebnis des fermentgesteuerten Metabolismus ab, spiegeln also die metabolischen Aktivitäten des lebenden Inventars in den untersuchten Lokalitäten des Aquifers wider.
Mikrobielle und chemische Umsetzungen von Oxidationsmitteln mit Reduktionsmitteln im Grundwasserleiter richten sich nach der Reaktivität der Reaktanten. Die Reaktivität oxidierender Reaktionsmittel nimmt i. d. R. mit ihrer zunehmenden Elektronen-Aktivität ab, die der Reduktionsmittel mit ihrer zunehmenden Elektronen-Aktivität zu.
Oxidationsmittel geordnet nach absteigender |
Reduktionsmittel geordnet nach absteigender |
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Die in der Tabelle genannte Reaktivitätsreihenfolge ist beispielhaft. In Grenzen ist sie von den jeweiligen Fermenten abhängig und kann daher gemäß den jeweils an der Redox-Umsetzung beteiligten Mikrobengesellschaften variieren.
Die Reaktionen zwischen den jeweiligen Oxidationsmitteln und Reduktionsmitteln laufen bei definierten, vorwiegend fermentgesteuerten Redox-Potentialen bzw. Elektronenaktivitäten ab: Gemessen als negative Logarithmen der Elektronenaktivität (pE-Wert) erreichen diese im aeroben Oxidationsmilieu des Grundwassers (Redox-Milieuzone 1) pE +15 und bei der Sulfatreduktion (Redox-Milieuzone 4) pE -4 und darunter.
Im Grundwasserleiter ist die Reaktion von reaktionsträgen Stoffe, wie z.B. Sulfat, Nitrat, FeOOH, Methan, Cellulose und Benzol ausschließlich ein Ergebnis der mikrobiellen Lebensaktivität. Nur wenige besonders reaktive Stoffe können im Grundwasserleiter miteinander rein chemisch, also ohne die Beteiligung mikrobieller Fermente, Redoxreaktionen eingehen. Das sind z. B. Sauerstoff, Manganoxide, Eisen(II), Eisensulfide, H2S, ggf. auch Catechol, Hydrochinon und Thiol bzw. deren jeweils korrespondierenden Chinone und Disulfide als funktionelle Bestandteile von Huminsäuren. Eine Hemmung biologischer Aktivität bis hin zur vollkommenen Einschränkung auf abiotische Umsetzungen kann sich in solchen Lokalitäten ausbilden, in denen sich toxische Stoffkonzentrationen von z. B. Phenol, Naphthalin oder CKW ausbilden konnten. Dort ist der biologische Abbau bzw. der biologisch induzierte Abbau gehemmt oder unterbleibt, so dass ausschließlich die chemischen Redoxprozesse ablaufen können. Die wünschenswerte Bestimmung der Topographie von solchen Örtlichkeiten, in denen die Abbauprozesse auf abiotisch verlaufende Umsetzungen beschränkt sind, gelingt nicht mit den herkömmlichen Untersuchungsmethoden.
Mittels RMD gelingt der Nachweis solch abiotischer Zonen im Grundwasserleiter durch Nachweis a) der abiotischen Ockerbildung [Fe(II) + Mn(IV) –> Fe(III)OOH + Mn(II)] bei b) ausbleibender Sulfatreduktion trotz ausreichenden Reduktionsmittel-Vorkommens. Die Topographie auch solcher Schadstofffahnenabschnitte lässt sich exakt mit dem RMD ermitteln, indem sich die in der untersuchten Aquiferlokalität ablaufenden Redox-Reaktionen auf dem RMD abpausen.
Mikroben des Grundwasseraquifers mit Fähigkeit zur anaeroben Lebensweise sind für den Betrieb ihres Stoffwechsels nicht beschränkt auf den Metabolismus gelöster Reaktionsmittel. Zu den mikrobiell nutzbaren unlöslichen Oxidationsmitteln zählen z. B. Oxide bzw. Hydroxide des Eisens, Mangans und die unlöslichen Sulfate, die als Pigmente auf den RMD verwendet werden. Entsprechendes gilt aber auch für die mikrobielle Konsumierung unlöslicher Reduktionsmittel, wie z. B. Cellulose, Elementarschwefel, Eisensulfide, Wachse, Kalkseifen, die ebenfalls als Pigmente auf den RMD einsetzbar sind.
Die biologisch schwer abbaubaren Reduktionsmittel widerstehen dem Abbau länger. Daher schließt die Gegenwart von Oxidationsmitteln nicht aus, dass keine schwer abbaubaren Reduktionsmittel vorkommen. Prinzipiell dringen aus dem Fahnenzentrum daher nur die schwer abbaubaren Reduktionsmittel bis zur Peripherie der Schadstofffahne vor. Gelegentlich kann aber die Neubildung von Reduktionsmitteln in den Redox-Zonen 1 bis 3 beobachtet werden, die aus Redox-Zone 4 herstammen:
Sowohl in aeroben als auch anaeroben Grundwasserleitern bilden sich in der Gegenwart von Reduktionsmitteln sog. „Sielhäute“ auf den festen Phasenoberflächen des Aquifers aus. Sielhaut ist ein Biofilm, der aus einem Biotop aerober und anaerober bis methanogener Mikroben aufgebaut sein kann. Besonders Biofilme aus Reduktionsmittel-belasteten Aquiferen haben die Neigung, in ihrem Inneren, dort wo sie der festen Phase anhaften, sulfatreduzierendes bis methanogenes Milieu 4 auszubilden. Solche Biofilme können bei geeignetem Nährstoffangebot sogar im aeroben Aquifer Quellen für Methan und H2S sein. Mittels RMD lässt sich auch die Lage solcher H2S-Spuren-führender Aquiferhorizonte optisch-visuell lokalisieren.
In nunmehr 10 Jahren hat sich die RMD-Anwendung bei der Untersuchung zahlreicher Poren- und auch Kluft-Grundwasserleiter bewährt und etabliert. Erfahrungen wurden dabei gesammelt mit Grundwasser-Verunreinigungen durch Aromaten, Aliphaten, Chlorkohlenwasserstoffe und Fettsäuren, die aus Altstandorten von Imprägnierwerken, Teeröl-Raffinerien, Steinkohlen- und Braunkohlenkokereien, Gaswerken, Teerpappen-Werken und Abdeckereien herrührten.
Auch aus oben genannten Gründen ist die gleichzeitige Bestimmung der Fahnenzonierung nach Schadstofffracht mit Passivsammlern parallel zum Monitoring der Fahnen-zonierung nach Redoxmilieu mit RMD von besonderem Vorteil, zudem beide Zonierungs-Topographien eng miteinander korrelieren. Von gM-Ingenieurbüro wurden dazu spezielle mit den RMD kompatible Textil-Passivsammler (TPS) entwickelt. TPS bestehen ausschließlich aus Materialien, die gegen biologischen Abbau resistent sind: Aktivkohlefasern und Synthesefasern. Der kombinierte Einsatz von RMD und TPS ermöglicht ein besonders vorteilhaftes Aquifermonitoring: Gleichzeitige In-situ-Bestimmung von Redox-Milieu- und Schadstofffracht-Zonierung von Schadstoff-fahnen im Aquifer.
Mit den marktbekannten cellulosehaltigen Papier- oder Papierwolle-Passivsammlern dürfen RMD nicht in der gleichen Untersuchungskampagne eingesetzt werden. Der Zellulosegehalt dieser Passivsammler unterliegt dem biologischen Abbau und kann dadurch Störungen der Lagebestimmung der Redox-Milieuzonen mit den RMD verursachen. Darüber hinaus verfügen diese Passivsammler über eine relativ geringe Stoffspeicherkapazität, die von Fall zu Fall die Reduktion der Reaktionsdauer unter einen Monat erforderlich macht.